
Die stille Pornografie der Vergangenheit
4. Mai 2025
Diana Slip: Dessous als Provokation, der Körper als Bühne
5. Mai 2025Manche Fotografen suchten nach Schönheit. Henri Oltramare suchte nach Widersprüchen.
Aktiv in Frankreich während der 1890er JahreOltramare gehört zur stillen Vorgeschichte der Fetischfotografie. Vor Diana Slip, vor Ostra Studio, bevor der Fetischismus seine glänzenden visuellen Codes fand, gab es diesen Mann, der in aller Stille Bilder komponierte, die noch heute verunsichern.
Sein bekanntestes Werk ist eine kleine, schlichte Serie: drei Frauen, nackt, gefesselt in schwere Eisenketten. Aber das sind keine traumhaften Visionen der Unterwerfung. Es gibt keine erotische Inszenierung, keine stilisierte Pose.
Ihre Blicke begegnen dem Betrachter. Ruhig. Direkt. Unerbittlich.
Das ist kein Spiel. Das ist eine Bestrafung.












Und die Kamera hat wie immer nicht geblinzelt.
Die Bilder entstanden um 1898 in der Schweiz oder möglicherweise in Frankreich – Historiker streiten sich noch immer. Sicher ist, dass sie nie für die Massenveröffentlichung bestimmt waren. Es handelte sich um private Bilder, die im Kleinformat gedruckt wurden und unter Kuriositätensammlern im Umlauf waren. obszöne Materialien.
Doch Oltramares Arbeit ist nicht obszön. Sie ist zwar intim, aber mit einer kalten, fast medizinischen Distanz.
Er verherrlicht den Körper nicht. Er rahmt ihn wie ein Artefakt. Haut gegen Eisen gepresst, Form auf Geste reduziert. Die Beleuchtung ist spärlich, architektonisch. Es gibt kaum Weichheit, außer im Zittern des Fleisches.
In einer Zeit, in der Die Französische Republik kriminalisierte Homosexualität immer noch, und erotische Fotografie riskierte, ins Gefängnis zu kommen, holte Oltramare die Fesseln aus dem Boudoir und platzierte sie in einen strengen, symbolischen Rahmen. Keine Fantasie, sondern Allegorie. Keine Verführung, sondern ein Urteil.
Er war keiner Bewegung angeschlossen. Es gibt kein Manifest, kein bekanntes Studio, keine veröffentlichten Interviews. Sein Name tauchte erst wieder auf in der 1990er Jahre, als eine Gruppe von Sammlern begann, die Herkunft der frühen Fetischfotografie zu erforschen. Einige wenige Abzüge – verblasst, handnummeriert, anonym – führten zurück nach Oltramare.
Was dabei herauskam, war kein Pornograf, sondern eher so etwas wie ein visueller Archäologe der Kontrolle.








Er fotografierte Leistung, kein Vergnügen.
Gehorsam, nicht die Leistung.
Der Ästhetik der Zurückhaltung bevor es durch die Kink-Kultur in Mode kam.
Seine Frauen sind keine Models. Sie sind Figuren der Geschichte – Echos von Gefängnis, Psychiatrie, Hausarbeit. Ihre Ketten wirken eher wie Metaphern als wie Werkzeuge. Eher gesellschaftlich als sexuell.
Und genau darin liegt die wahre Provokation.
Wo spätere Fotografen wie Jacques Biederer (Ostra Studio, 1920er–30er Jahre) würde die Dynamik der Herrschaft erotisieren, und Marken wie Diana Slip würde es in Stil verwandeln, Henri Oltramare konfrontierte den Betrachter mit seiner rohen, vorsprachlichen Form. Bevor es Fetisch, es gab Gewalt.
Seine Bilder erinnern uns daran: Erotik beginnt nicht mit dem Verlangen. Sie beginnt in Spannung.
Und manchmal spricht der Schatten lauter als die Tat.