
Santa Croce: Wo Venedig die Lust wie den Handel regulierte
2. Juni 2025
Palazzo Dandolo: Wo Masken hinter verschlossenen Türen fielen
2. Juni 2025Im Jahr 1638, als in weiten Teilen Europas noch Hexen gejagt oder Huren gehängt wurden, tat Venedig, was Venedig immer tat: Es eröffnete ein Casino.
Sie nannten es Der Ridotto – „das private Zimmer“ – aber jeder wusste, was es wirklich war: eine offiziell lizenzierte Vergnügungsmaschine. Nicht nur zum Spielen, sondern für alles, was gekauft, gehandelt oder verführt werden konnte.
Hinter seinen Türen, versteckt in der Nähe der Kirche San Moisè, wetteten maskierte Adlige ihr Vermögen um Bassetta Und Faro Während sie heiße Schokolade schlürften, streichelten ihre behandschuhten Hände Karten und Oberschenkel. Goldmünzen klirrten auf Marmortischen. Parfüm und Schweiß vermischten sich in der Luft. Doch niemand kam nur wegen der Karten hierher. Das eigentliche Geld wechselte zwischen den maskierten Kurtisanen und ihren reichen, leichtsinnigen Gästen.
Dies war der Spielplatz der gefährlichsten Frauen Venedigs – der Cortigiane OnesteSie waren keine Prostituierten. Sie waren Künstlerinnen. Sie kannten sich mit Poesie, Politik und Bettgeflüster gleichermaßen gut aus. Sie verkauften nicht ihren Körper – sie verkauften Einfluss.
Zu den berühmtesten Spielern gehörte ein junger, ehrgeiziger Spieler namens Giacomo CasanovaIn seinen Memoiren gab er zu, an den Tischen des Ridotto ganze Vermögen verloren zu haben, nur um sie Stunden später in privaten Räumen im oberen Stockwerk wiederzuerlangen, wo bestimmte Schulden nach vertraulichen Transaktionen „neu verhandelt“ werden konnten.
Der Ridotto war kein Laster, das vor dem Staat verborgen blieb. Er war der Staat. Venedig besteuerte jede Münze, lizenzierte jedes Bordell und überwachte jeden Skandal – und machte die Lust neben Seide und Salz zu einem weiteren Exportgut.
Doch diese Nächte hatten ihren Preis. Junge Adlige verloren innerhalb weniger Nächte ihr gesamtes Familienvermögen. Mitgiften verschwanden. Politische Bündnisse zerbrachen. Und immer lauerte hinter den dicken Samtvorhängen der Schatten der Erpressung.
Ausländische Botschafter setzten oft Kurtisanen als Spione ein, um Geheimnisse aus dem Geflüster nach dem Geschlechtsverkehr zu erschließen. Mindestens zwei große diplomatische Skandale zwischen Venedig und Österreich begannen mit Bettgeflüster in den privaten Gemächern der Ridottos.
In den 1770er Jahren, als Venedigs Macht geschwächt wurde, schwächte sich auch das Ridotto ab. Als Napoleon 1797 eintraf, schloss es für immer seine Türen. Das Gebäude steht noch heute, still und leise in das Hotel Monaco & Grand Canal integriert. Touristen gehen ahnungslos vorbei.
Doch wenn man lange genug stillsteht, kann man es fast hören: das leise Mischen der Karten, das gedämpfte Stöhnen hinter verschlossenen Türen und die sorgfältigen Berechnungen der Männer, die zum Spielen kamen, aber oft weit mehr als nur Geld verloren.
Denn in Venedig hatte alles seinen Preis.
Und das Haus hat immer gewonnen.